Point of View ist die Telebasel-Portraitreihe über junge Menschen aus der Region, die mit ihrer beruflichen oder privaten Leidenschaft inspirieren. In kurzen Episoden lernen wir sie kennen und erfahren mehr über ihren persönlichen «Point of View».
Können Röcke männlich sein? «Ja!», sagt Patrick Lecoultre
Patrick Lecoultre entwirft als „der/die/sein/er“ queere Männermode. Und findet, Damen- und Herrenabteilungen in Geschäften sollten längst abgeschafft sein.
Also eines habe er ja gemerkt, erklärt Patrick Lecoultre mit einem verschmitzten Grinsen: «Wenn man mit einem geilen Outfit an eine Party oder an ein Festival geht, ist es einfach so viel lustiger». Der 32-jährige Riehener wirft den Kopf nach hinten und lacht. Es steckt an. Patrick entwirft und schneidert von Streetwear bis Haute Couture alles, was ihm gefällt.
Unter seinem Brand «der/die/sein/er» (laut lesen, dann fällt vielleicht etwas auf) tritt Patrick Lecoultre auf Instagram und TikTok auf. Er lässt seine Vielzahl an FollowerInnen an seinem Schaffen teilhaben und gibt in der Rubrik «Outfit of The Day» inspirierende Modetipps.
Eine starke Message
Die Message, die «der/die/sein/er» auf Social Media und auch in seinem Alltag vertrete, sei sicherlich die Visibility, die Sichtbarkeit. So finde er es wichtig, dass man als queere Persönlichkeit, die aus dem Normraster herausfällt, sichtbar sei für andere.
«Als Kind hätte ich gerne ein solches Vorbild gehabt.» Wenn es irgendwo da draussen ein Kind gebe, das dadurch auch mal eine vielleicht etwas gewagtere Hose anziehe und sich etwas mehr traue, dann sei ja schon viel getan, so Patrick Lecoultre. «Ich möchte den Leuten Mut machen, das zu tragen, worauf sie Lust haben und nicht darauf zu verzichten, nur weil sie sich nicht trauen.»
«Wenn man so extravagant wie ich auf der Strasse herumläuft, polarisiert das. Entweder man findet es toll, oder eben nicht.» Diejenigen, die es toll fänden, würden ihm das auch sagen, so Lecoultre. So habe es auch schon sehr viele positive Rückmeldungen gegeben. Die anderen, die es weniger gut fänden, würden das allerdings auch mal über die Strasse rufen und ihn anpöbeln.
Leider werde er auch auf Social Media von anonymer Seite beleidigt. Trotz allem stelle er sich vor, die Negativität einfach zu greifen und in hohem Bogen wegzuwerfen. «Ich sage immer: Würde ich deshalb aufhören, crazy Fashion zu machen? Nein. Weil das bin ich und ich möchte mich so anziehen. Ich lasse mich von solchen Kommentaren nicht aufhalten.» Zum Glück würden die positiven Rückmeldungen aber ganz klar überwiegen, so Patrick Lecoultre.
Das Leben nach der Transplantation: «Ich habe mich zurückgekämpft»
Désirée hat ihr Leben einem Fremden zu verdanken. Mit 18 Jahren musste ihre Leber transplantiert werden. Der Weg zurück ins Leben war hart.
«Ich sollte eigentlich nicht mehr am Leben sein», erzählt Désirée Facqueur. Die sonst so lebensfrohe und aufgestellte Maklerassistentin wirkt konsterniert, als sie sich zurückerinnert. Mit 18 Jahren wurde sie wegen eines akuten Leberversagens auf die Europaweite Emergency-Liste gesetzt, Überlebenschance ungewiss. Denn auch unter diesen speziellen Voraussetzungen kann es bis zu 48 Stunden dauern, bis ein Spenderorgan gefunden wird. «Die Ärzte haben damals ganz transparent informiert, dass sie nicht wissen, ob ich es schaffen werde», erinnert sich Désirée.
Sie litt unter der seltenen Erbkrankheit Morbus Wilson, bei der sich Kupfer in der Leber, dem Gehirn und anderen Körperteilen absetzt. Glücklicherweise erhielt sie gerade noch rechtzeitig eine Leber. «Als die Ärzte mich aufschnitten, bot sich ihnen ein schockierender Anblick», so Désirée. Denn das, was von ihrer Leber noch übrig geblieben war, war nicht mehr als ein dunkles Häufchen. «Die Leber ist das meistdurchblutete Organ. Meine hatte aber keinen Tropfen Blut mehr, sodass die anderen Organe auch schon begannen ihren Geist aufzugeben.»
Nach der OP musste die junge Frau wieder von Null beginnen. Laufen lernen, zu Kräften kommen, sich mit dem neuen Organ zurecht finden. Doch der Alltag stoppe nicht für einen, erklärt Désirée. «Man kommt ins Leben zurück und es geht weiter». So holte sie die verpassten Prüfungen nach und schloss ihre Lehre planmässig ab, begann wieder zu arbeiten, zog aus ihrem Elternhaus aus und erfüllte sich obendrauf den langersehnten Wunsch, die Ausbildung zur Make Up-Artistin zu absolvieren. «Ich weiss heute, wie wertvoll Zeit ist. Deshalb nutze ich sie besser. Make Up ist meine Passion, ich liebe es. Deshalb habe ich es einfach gemacht.»
Schuhsolen aus Bananenschale: Junge Baslerin gründet Cleantech-Startup
Sarah Harbarth ist gerade mal 24 Jahre alt, als sie ihr Startup „Kuori – waste turns material“ gründet. Die Idee: Eine biologisch abbaubare Schuhsole.
600 Tonnen Mikroplastik gelangen jedes Jahr ungehindert in Schweizer Böden. Eine der Hauptverursacherinnen ist die Schuhsole. Denn mit jedem Schritt, den wir gehen, reiben wir Mikroplastik ab. So gelangen kleinste Partikel in die Umwelt und verschmutzen unsere Gewässer.
Eine zündende Idee
Die Industriedesignerin hatte während ihres Bachelorstudiums an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel die zündende Idee aus organischen Abfallprodukten nachhaltigen Kunststoff zu entwickeln. Sie widmete ihre Bachelorarbeit der Materialforschung und schaffte es, aus Faserverbunden wie Bananen- und Nussschalen einen biologischen Kunststoff zu entwickeln, der europaweite Aufmerksamkeit erregte. «Die Idee dazu lag in meinem eigenen Abfall», erklärt Sarah. «Ich hatte die Bananenschale entdeckt und mich gefragt, weshalb wir nicht den Mehrwert dieser Schale nutzen, da sie doch einen Drittel der ganzen Frucht darstellt.»
Das ganze habe mit Experimenten gestartet, sei dann in einer Bachelorthesis gemündet und jetzt durch das Startup zum Fliegen gekommen. Kuori war im letzten Jahr für mehrere Innovationspreise nominiert und durfte das Projekt erst kürzlich in Kopenhagen beim internationalen Creative Business Network vorstellen.
Von der Schale zur Sole
Im neu gegründeten Startup «Kuori» forscht Sarah mit ihrem Team am Institut der Fachhochschule Nordwestschweiz in Brugg Windisch. «Hier werden die Materialien zusammengesetzt und auf ihre Eigenschaften, wie die Elastizität, getestet», erklärt Chemiker Dr. Christian Goldhahn. Das Rezept sei natürlich geheim. «Es kommen nicht nur Bananen- und Nussschalen rein, so viel kann ich verraten. Es ist uns jedoch wichtig, dass alles biologisch abbaubar ist», so Christian Goldhahn. Zusammen mit einem Deutschen Schuhhersteller entwickelt das Team nun einen ersten Prototypen, der ende Jahr auf den Markt kommen soll. Zur Zeit wird noch an der perfekten Zusammensetzung des Materials gefeilt.